©Warner Bros.
Drehbuch: Stanley Kubrick, Stephen King, Diane Johnson
Schnitt: Ray Lovejoy
Kamera: John Alcott
DarstellerInnen: Jack Nicholson, Shelley Duvall, Danny Lloyd
Sprache: Englisch
Länge: 2h24min
Genre: Horror
Der Mount Hood in Oregan, USA, schneeweiße Pisten, perfekt zum Skifahren, Snowboarden und Wandern. Einige jedoch verschlägt es aus einem anderen Grund in die Gegend. Es ist ein Gebäude, das aus der Landschaft heraussticht. Eine blütenweiße Fassade, ein tomatenrotes Dach, das Stanley Hotel besser bekannt als Overlook Hotel zieht jährlich hunderte Menschen in diese bergige Region. Das Overlook Hotel ist wohl eines der ikonischsten Hotels der Welt – wie passend, das es als Hauptdarsteller einem der ikonischsten Filme aller Zeiten dient, Shining.
Die Idee von Shining, wie sie Stephen King bereits 1977 als Roman veröffentlichte, ist ebenso simpel wie genial. Ein Mann namens Jack (Jack Nicholson) soll über den Winter mit seiner Frau Wendy (Shelley Duvall) und seinem Sohn Danny (Danny Lloyd) auf ein abgelegenes Hotel aufpassen. In der Einsamkeit und Isolation wird er Stück für Stück langsam verrückt. Theoretisch lässt sich Shining in diesen beiden knappen Sätzen beschreiben. Doch hinter der unscheinbar wirkenden Fassade, steckt Einiges mehr – genauso wie sich auch hinter der Fassade des Overlook Hotels noch so einiges verbirgt.
Shining war schon immer ein Fest für Verschwörungstheoretiker oder Annalisten. Schließlich gibt es im Film so viele versteckte Anekdoten, Verweise auf historische Ereignisse die vor allem durch die Art, wie der Film gefilmt wurde entdeckt werden können. Es scheint als wäre alles perfekt, nichts falsch oder dem Zufall überlassen, und doch lässt der Film so viel Platz für Interpretationen. Die Einen sagen, der Film sei über die gefälschte Mondlandung, schließlich tränke Jack ein paar Shots Tang, welches ein Drink speziell für Astronauten sei und der berüchtigte Raum 217 wurde in Raum 237 abgeändert, weil die Distanz von der Erde zum Mond circa 237 Tausend Meilen betrage.
Andere sagen, Shining sei über die Ureinwohner Amerikas, über den Holocaust, über Experimente der CIA, ein Gerät zu entwickeln, mit dem man den Verstand kontrollieren kann, wieder andere sehen in Shining eine Geschichte über sexuelle Misshandlung. Stunden über Stunden, Wörter über Wörter könnte ich diese und jene Theorie aufzählen, allesamt von Menschen verfasst die einen ganz genauen Beweis in der Thematik und Verfilmung von Shining sehen. Dabei wissen wir ziemlich wenig.
Eigentlich so gut wie gar nichts. So bleibt der Großteil der Fragen unbeantwortet und wirklich schlau wird man aus den gezeigten Bildern nicht. Manchmal, da zeigt uns Shining zu wenig. Einige Szenen können beim erstmaligen Schauen sehr verwirren, denn der Film muss mehrmals geschaut, mehrmals erlebt oder gelebt werden, wobei man aber besser darauf achtet, nicht zu sehr in eigene Fantasien abzurutschen. Denn Shining ist eben eine Metapher für unsere Wünsche, für das nach dem wir uns Sehnen und das, was wir aus tiefstem Inneren fürchten und verabscheuen. Was auch immer das für einen sein mag. Und genau das macht Shining zu einem der besten und zeitlosesten Filme der Geschichte.
Shining startet mit Bergen, Tälern, Flüssen und Seen. Eine idyllische Landschaft so unschuldig und unwissend über das, was sich bald dort abspielen würde. In gewisser Weise porträtiert die Landschaft den Zuschauer. Wir sind genauso unwissend und genau beim Zuschauer spielt sich Shining auch ab. In den Köpfen der Menschen, dort tobt sich der Film aus. Eigentlich braucht es nicht viel um den Zuschauer zu beeinflussen – und das macht Regisseur Stanley Kubrick hervorragend.
Nun zu einem anderen Aspekt, der Shining so wunderbar furchteinflößend und gleichzeitig malerisch schön macht: Nach Rocky aus dem Jahr 1976 ist The Shining eines der ersten Beispiele für die Benutzung einer heute sehr normalen Technik der Kameraführung: der Steadicam. Ohne dieses tragbare Stativ wäre Shining nicht Shining und das ist mein voller Ernst. Niemals sonst hätten die Fahrten durch die Gänge oder die Verfolgungsjagd im Heckenlabyrinth so eine Schönheit, so eine gänsehauterzeugende Stimmung – es wäre einfach nicht das Selbe. Shining lebt von seiner Inszinierung. Wie oben erwähnt wirkt alles beabsichtigt, so als seien selbst die Fehler intentional platziert worden. Durch seine Kameraführung wird Shining lebendig.
Unvergesslich ist auch das Schauspiel von Jack Nicholson gegen Ende des Filmes, die Schreie um Hilfe von Shelley Duvall, auch wenn diese, so wie es scheint, real waren oder die Angst Dannys vor Raum 237 – alles mehr als ikonisch. Dabei fühlt sich das Schauspiel sowie die Charaktere real an. Danny könnte genauso ein echter Junge seien, der halt eben einen imaginären Freund hat. Wendy als besorgte Mutter, Jack als lockerer Vater, alles nach außen wirkend simple Charaktere, die aber innerlich brodeln. Und dieses innere Brodeln entwickelt sich nach und nach zu einem Ausbruch, ehe es den Zuschauer gegen Ende überschwemmt.
Shining ist mit 144 Minuten in der Originalfassung keinesfalls ein kurzer Film. Ganz im Gegenteil, gerade am Anfang fühlen sich manche Szene relativ lang an. Doch je weiter man wandert, je mehr man durch die Gänge des Hotels stolpert, desto mehr wird man in einen Sog gezogen, in diese isolierte, einsame Welt. Und desto mehr ist man gefangen in der Welt, gefangen im Heckenlabyrinth, in unendlicher Symmetrie, gefangen im Meisterwerk, das Shining nun mal ist.