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Als der 22-jährige Rainer Werner Fassbinder 1967 in München die Bühne eines kleinen Theaters stürmt und kurzerhand die Inszenierung beschlagnahmt, ahnt niemand, dass dieser unverschämte junge Rebell zu einem der wichtigsten deutschen Filmemacher der Nachkriegszeit wird. Trotz anfänglicher Rückschläge brechen viele seiner Filme auf den renommiertesten Filmfestivals aus und polarisieren Publikum, Kritiker und Filmemacher gleichermaßen. Seine radikalen Ansichten und Selbstausbeutung, aber auch seine Sehnsucht nach Liebe, haben ihn zu einem der faszinierendsten Filmregisseure dieser Zeit gemacht.
Regie: Oskar Roehler
Drehbuch: Oskar Roehler, Klaus Richter
Kamera: Carl-Friedrich Koschnick
Schnitt: Hansjörg Weißbrich
DarstellerInnen: Oliver Masucci, Götz Otto, Katja Riemann, Alexander Scheer, Sunnyi Melles, Erdal Yildiz, Antoine Monot Jr., Simon Böer, Isolde Barth, David Bredin, Hary Prinz, Wilson Gonzalez Ochsenknecht, Christian Skibinski, Simon Licht, Judith Paus, Jochen Schropp
Land: Deutschland
Sprache: Deutsch
Länge: 2h14min
Genre: Drama
Nicht zum Streamen verfügbar

Fassbinders Leben ist zweifellos ein interessantes. Drogeneskapaden, wild ausgelebte Sexualität, und eine brennende Passion für die Filmkunst. Oskar Roehler bannt das auf eine höchst unkonventionelle Art und Weise auf die Leinwand: Statt klassischer Filmkulissen und Außendrehs setzt der Regisseur auf einfache Theaterkulissen. Sicherlich der mutigste Aspekt von des Biopics, für mich aber auch der, der mir am wenigsten gefallen hat. Der Bühnenlook nimmt Enfant Terrible die Möglichkeit zur cinematographischen Strahlkraft, die im Film so wichtig sein kann. Er nimmt ihm den Bilden die Größe, die Freiheit und die Spannweite, die mit klassischen Kulissen möglich wären. Gleichzeitig verstehe ich die Intention nicht ganz: Fassbinder hat seine Karriere zwar mit dem Theater begonnen, war in erster Linie jedoch als Film-Regisseur bekannt – wieso dann diese Form der Inszenierung? 

Gleichwohl fehlt es Roehler am Sinn für das Epos wie es beispielsweise ein Martin Scorsese innehat, um ein so aufgeregtes Leben in der breiten Form, wie es hier versucht wird, zu erzählen. So wirken die einzelnen Stationen von Fassbinders Leben merkwürdig ungelenk aneinandergereiht – die Szenen sind teilweise so kurz, dass man nie wirklich die Möglichkeit gegeben bekommt, im Leben Fassbinders richtig anzukommen. Die Szenenfolgen muten häufig eher an eine stakkatohafte Sketchshow an – so strahlen zahlreiche Szenen eine fremdschämerische Komik aus, bei denen man selten weiß, ob der humoristische Anteil in dieser Form wirklich beabsichtigt war. Fassbinder selbst wirkt bisweilen mehr karikaturenhaft portraitiert, wobei Roehler immer nur knapp daran vorbeischrammt, den Eindruck zu erwecken, dass er sich schlicht und ergreifend über Fassbinder lustig machen wolle. Das wäre an sich kein Problem, hätte der Regisseur im Vorhinein nicht so lautstark verkündet, sich mit Enfant Terrible vor der Skandal-Persönlichkeit verbeugen zu wollen. Immerhin ist die Regie-Legende selbst großartig von Oliver Masucci inszeniert. Ich würde hier nicht von der Schauspielleistung des Jahrhunderts sprechen, aber Masucci wird der Herausforderung auf jeden Fall gerecht.

Insgesamt ist das Leben Fassbinders zweifellos ein sehenswertes – so auch in Enfant Terrible. Dafür ist seine von Skandalen geprägte Zeit einfach zu verrückt, als dass man diesem Film gar nichts abgewinnen könnte. Leider missfällt mir die Art der Inszenierung, die Roehler an den Tag setzt, völlig, weshalb Enfant Terrible nicht unbedingt meinen Geschmack trifft. Zudem wird seine Intention nie klar: Will er ihm eine ernsthafte Biographie widmen, will er ein satirisches Werk auf seine Leben schaffen oder steht er irgendwo dazwischen?

ENFANT TERRIBLE erscheint am 01. Oktober in den deutschen Kinos

5.5
Punkte